Welch ein Tag! – Ein ganz besonderer Abschied von Pfarrerin Irmtraud Rickert

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Wie kann die Verabschiedung eines Pfarrers in Corona-Zeiten ablaufen? Nicht wie gewohnt, soviel steht fest. Aber immerhin ist sie grundsätzlich wieder möglich, wie am 7. Juni in der Ibbenbürener Christuskirche anlässlich der „Entpflichtung“, wie die Verabschiedung aus dem offiziellen Dienst korrekt heißt, von Pfarrerin Irmtraud Rickert zeigte.

Eigentlich hätte dieser ganz besondere Tag ja in der Johanneskirche in Ibbenbüren-Laggenbeck gefeiert werden sollen, doch dort geht zur Zeit nichts: Kein zweiter Kirchenzugang, und die Kirche selbst viel zu klein. Schade für den Großteil der Gemeinde, die an diesem Tag außen vor blieb: Nur knapp 90 Besucher – darunter viele Kollegen, Presbyter, Wegbegleiter, Freunde und Familie – konnten beim Gottesdienst, der von Pfarrer Reinhard Lohmeyer gemeinsam mit dem Superintendenten Ost und Pfarrerin Irmtraud Rickert mit dem Leitmotiv „Segen“ gestaltet wurde, mit dabei sein. Andererseits: Die Christuskirche ist die Kirche, mit der die Ibbenbürener Dienstzeit für Irmtraud Rickert begann. Nach Kindheit und Jugend – zum Teil in Ibbenbüren verbracht –, Studium, Vikariat und ersten Pfarrstellen an diversen Orten im Münsterland kam Irmtraud Rickert vor 29 Jahren zurück nach Ibbenbüren, als Krankenhausseelsorgerin, und die Amtseinführung fand damals in der Christuskirche statt. Auch wohnt Irmtraud Rickert mittlerweile zusammen mit ihrem Mann Robert Rickert seit rund einem Jahr im Einzugsgebiet der Christuskirche.

In der Krankenhausseelsorge blieb Irmtraud Rickert damals drei Jahre, keine leichte Zeit, wie sie sich erinnert, dann ging es für 13 Jahre in den Paulusbezirk Langewiese sowie den Markusbezirk Dörenthe, wo Rickerts maßgeblich am Aufbau der Rabatz-Theaterwerkstatt sowie an der Entstehung des „Kulturspeichers Dörenthe“ mitwirkten. Durch die Umstrukturierung der Evangelischen Kirchengemeinde Ibbenbüren wurde 2007 ein erneuter Wechsel nötig; der Abschied aus Dörenthe fiel Irmtraud Rickert nicht leicht, doch lebte sie sich zusammen mit ihrer Familie schon bald am neuen Wirkungsort Laggenbeck ein.

Nun ist Schluss mit den dienstlichen Verpflichtungen, obwohl Irmtraud Rickert, so stellte es Superintendent Ost anhand seiner Unterlagen fest, eigentlich noch drei Jahre hätte weitermachen können. „Es wird ein bisschen dauern, bis diese neue Rolle gefunden ist“, meint Ost, doch: „An Aufgaben wird es nicht mangeln.“ So werde sich jemand, dem Gottesdienste eine „Herzensangelegenheit“ sind und der sich durch diverse Fort- und Ausbildungen (eine davon läuft noch) stets auf neue Wege begeben habe, bestimmt auch weiter in irgendeiner Form einbringen, glaubt Ost. 

Irmtraud Rickert verabschiedete sich an diesem Tag mit einer sehr emotionalen und persönlichen Predigt, die auch Bezug nahm auf die aktuelle Situation und ihre besonderen Anforderungen: „Das Gesicht ist das, woran wir einen Menschen am ehesten erkennen. Darum ist das mit den Masken auch ein bisschen schwierig.“ Aber: Wir müssen und wir können lernen, (wieder) mehr in den Augen zu lesen.

Es folgten Entpflichtung und Auszug aus der Kirche, schnelle Gratulationen und Abschiedsworte sowie Geschenkübergaben auf dem Südplatz der Christuskirche und dann – so dachte bis dahin Irmtraud Rickert – sei alles erledigt. Doch weit gefehlt: Heimlich war nach der Idee von Sabine Teske-Lohmeyer und Reinhard Lohmeyer mit vielen Weggefährten aus allen Wirkungsstätten von Irmtraud Rickert ein ganztägiges Programm auf die Beine gestellt worden: mit dem Cabrio, vom „Chauffeur“ Walter Bergschneider gesteuert, zum Klinikum mit KollegInnen aus der Krankenhausseelsorge, zum Pfarrkollegenkreis in Lohmeyers Garten – auch ihr ehemaliger Vikar Tim Wendorff war aus Höxter gekommen -, zum Pauluszentrum mit dem Rabatztheater, zur Ludwigkirche mit den katholischen Kollegen, zum Kulturspeicher mit vielen Dörenther Gemeindegliedern und Vorstandsmitgliedern, die von Ulrike und Karl-Heinz Käsekamp zusammengebracht wurden – hier gab es lecker Kaffee und Kuchen -, und weiter mit der Kutsche, die von „Gordon“ – dem Pferd, das Irmtraud Rickert einst gehörte -, gezogen und von Anna und Hanni Schmiemann durch den Ort zur Markuskirche, zum Markuskindergarten und zum Pfarrhaus gesteuert wurde, in dem die Rickerts 13 Jahre lang gewohnt hatten. An allen Stationen gab es kleine Aktionen, Getränke, Geschenke und berührende Abschiedsworte.

Allein in Laggenbeck gab es am Ende 20 Anlaufstellen: Familienfreizeit Wangerooge, Lebendiger Adventskalender, Chor „InTakt“, Johanneskindergarten, Konfi-Teamer u.a. mit Luftballongrüßen an der Straße, Seniorenkreis und Kinderkirche, Ökumenische Begleiter, Küster, Café International, Patchworkgruppe, der Gruppe „Zeit zum Atemholen“, Posaunenchor und natürlich auch die Presbyter Doris Brzoska, Tanja Krömer, Ulrike Harte und Michael Kimmel, die den Laggenbecker Teil verantwortet haben, wollten sich verabschieden. Sie überreichten der scheidenden Pfarrerin eine Sonderausgabe des „kiek rin“, die 13 sehr schöne Jahre bündelt. 

So manche Träne wurde im Laufe des Tages vergossen, aber letztlich ist Pfarrerin Irmtraud Rickert ja nicht weit weg: Sicher wird der Eine oder Andere ihr in den kommenden Wochen, Monaten, Jahren ganz zufällig über den Weg laufen, denn zu Hause stillsitzen, das ist auch im Ruhestand bestimmt nicht Irmtraud Rickerts Ding.                     
Claudia Ludewig/Reinhard Lohmeyer