Wort zum Sonntag

Wie halten Sie es mit der Wahrheit? In diesen Wochen gibt es in kirchlichen Kreisen die Fastenaktion „Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen“. So ein Satz klingt ja recht christlich. Viele Leute glauben, das steht sogar in den Zehn Geboten. Stimmt aber nicht! In den Zehn Geboten steht: „Du sollst keine falsche Zeugenaussage gegen deinen Mitmenschen machen.“ Wer Unwahrheiten über seine Mitmenschen verbreitet, der macht sich schuldig vor Gott und der Welt. Zum Beispiel der Satz „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“. Das ist Blödsinn, einfach unwahr. Wer sowas sagt, hat erstens keine Ahnung und redet zweitens dummes Zeug, das nur dazu taugt, Fremdenfeindlichkeit anzustacheln. Sünde.

Einige Menschen sagen, dass es „barmherzige Lügen“ gebe. Wenn ich zum Beispiel bei einem Krankenbesuch der Patientin sage: „Sie sehen aber schon viel besser aus“, um ihr Mut zu machen. Oder stell dir vor, die Gastgeberin fragt, wie das Essen schmeckt. Na, was sagst du dann? – Siehst du! Manchmal ist die scheinbar barmherzige Lüge einfach nur Feigheit, die Wahrheit zu sagen. In vielen Paarberatungen geht es darum, sich einfach mal gegenseitig die Wahrheit zu sagen. Respektvoll aber offen, ohne Umschweife.

Tatsächlich geht es im Alltag immer wieder um den Spagat zwischen ehrlicher Offenheit und höflicher Zurückhaltung. Natürlich kann ein offenes Wort als Verletzung ankommen. Aber verletze ich mich nicht selbst, wenn ich alles nur herunterschlucke und meinen Mund halte? Das gilt für den Arbeitsplatz genauso wie für die Familie oder den Verein. Achten Sie doch mal drauf! Und bitte achten Sie auch darauf, wenn jemand offensichtliche Unwahrheiten über andere Menschen verbreitet. Dann sind Sie gefragt und dürfen nicht den Mund halten.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ehrlich!

Andreas Finke

Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde

Ibbenbüren