„Von Jesus lernen“ – von Pfr. Andreas Finke

>> weiterlesen

Ich werde alt: In den siebziger und achtziger Jahren habe ich mit vielen jungen Leuten von einer herrschaftsfreien Gesellschaft geredet und geträumt. Nehmt den Mächtigen die Macht! Wir wollen eine Welt mit gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern. Wenn überhaupt, dann gebt den Kindern das Kommando!

Inzwischen habe ich festgestellt: Machtverhältnisse gibt es immer. Vielleicht, weil deine Überzeugungskraft so groß ist, oder weil du viel Geld hast, oder weil du stärker bist als andere. Oder klüger. Die Frage ist: Wie gehst du mit deiner Macht, deinem Einfluss um?

Wir lesen in der Zeitung zu oft von Machtmissbrauch. Hier nutzt ein Politiker seine Beziehungen für unehrliche Geschäfte. Da nutzt ein Trainer seine Macht und fasst Kinder an, wo er es nicht sollte. Dort schützen Kirchenmänner ihre Macht und lassen keine Frauen in hohe geistliche Ämter.

Jesus war sich seiner Macht bewusst. Doch er sagt: Ich bin nicht gekommen, damit mir die Menschen dienen. Ich bin gekommen, um anderen zu dienen, und gebe mein Leben als Erlösung für viele. Wenn Christ sein heißt, dem Beispiel Jesu zu folgen, dann lerne ich: Christ sein und Machtmissbrauch schließen sich aus. Ich gebe zu: Mächtig zu sein ist ein schönes Gefühl. Aber mit deiner Macht andere zu übervorteilen und zu unterdrü- cken, ist einfach nur mies. Und wer jungen Menschen für ihr Leben die Freude an ihrer Sexualität nimmt, zerstört ihr Leben.

Ich bin älter geworden und habe festgestellt: Jeder Mensch hat in gewissen Bereichen des Lebens ein wenig Macht. Auf den Spuren von Jesus sind die Menschen, die ihre Macht zum Wohle anderer benutzen.

Andreas Finke
Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde im Pfarrbezirk Bockraden/Schafberg Ibbenbüren

 

Erschienen in der Ibbenbürener Volkszeitung, 20.03.2021.

Der unbequeme Weg

>> weiterlesen

Alles fällt aus. Taufen, Hochzeiten, Familienfeste. Franz Müntefering würde sagen:
„Das ist Mist.“
Ist es auch. Die Feiern zur Konfirmation und Kommunion fallen auch aus. Die meisten Gemeinden verschie- ben sie ins nächste Jahr. Einige warten noch, ob später in diesem Jahr vielleicht doch was geht.
Diesen Sonntag wäre auch in der Matthäuskirche Konfirmation gewesen. Und ich hätte wie in jedem Jahr ein paar Sätze aus der Bergpredigt vorgelesen. Da sagt Jesus:
„Nehmt den unbequemen Weg!“
Er sagt das nicht auf eine bestimmte Situation hin. Egal was dir im Leben begegnet, der unbequeme Weg ist der, der dich zum Ziel bringt. Bequem führt ins Verderben.
Bequem wäre: Weitermachen wie früher. Kinder in die Schule, in den Verein. Väter ins Stadion, Mütter zum Kaffeeklatsch. Oder umgekehrt. Wäre doch schön, wenn wir einfach zum normalen Leben zurückkehren könnten. Die Fachleute sagen: Das geht nicht. Mit Jesu Worten: Dieser bequeme Weg führt ins Verderben.
Es gibt noch mehr Situationen im Leben, in denen das genauso gilt. Beim Essen ist billig und bequem oft nicht so gesund wie wertvoll und aufwändig. Oder du hüpfst mal eben ins Auto, um die Freundin zu besuchen. Das Fahrrad müsste ja erst aufgepumpt werden und der Berg ist sowieso viel zu anstrengend. Ist bequem. Aber du nimmst zu und die Umwelt leidet. Ich bin sicher, da fallen Ihnen noch viel mehr Beispiele ein. Jesus sagt:
„Der Weg zum Leben ist schmal und unbequem. Der, der ins Verderben führt, ist breit.“
Breit wie eine Autobahn. Achtet mal drauf in den kommenden Tagen. Und den jungen Leuten in Familie und Bekanntenkreis, die jetzt eigentlich Konfirmation hätten, sagt ein freundliches Wort. Sie haben sich anderthalb Jahre vorbereitet, drauf gefreut – und jetzt wird verschoben. Das ist echt frustrierend. Mist halt. Unbequem. Aber es hilft unserer Gesundheit. Und wir holen das nach. Und das wird ein großes Fest. Versprochen!
 
Pfr. Andreas Finke
Ev. Kirchengemeinde Ibbenbüren

Mal ehrlich – Falsch oder wahr?

>> weiterlesen

Wie halten Sie es mit der Wahrheit? In diesen Wochen gibt es in kirchlichen Kreisen die Fastenaktion „Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen“. So ein Satz klingt ja recht christlich. Viele Leute glauben, das steht sogar in den Zehn Geboten. Stimmt aber nicht! In den Zehn Geboten steht: „Du sollst keine falsche Zeugenaussage gegen deinen Mitmenschen machen.“ Wer Unwahrheiten über seine Mitmenschen verbreitet, der macht sich schuldig vor Gott und der Welt. Zum Beispiel der Satz „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“. Das ist Blödsinn, einfach unwahr. Wer sowas sagt, hat erstens keine Ahnung und redet zweitens dummes Zeug, das nur dazu taugt, Fremdenfeindlichkeit anzustacheln. Sünde.

Einige Menschen sagen, dass es „barmherzige Lügen“ gebe. Wenn ich zum Beispiel bei einem Krankenbesuch der Patientin sage: „Sie sehen aber schon viel besser aus“, um ihr Mut zu machen. Oder stell dir vor, die Gastgeberin fragt, wie das Essen schmeckt. Na, was sagst du dann? – Siehst du! Manchmal ist die scheinbar barmherzige Lüge einfach nur Feigheit, die Wahrheit zu sagen. In vielen Paarberatungen geht es darum, sich einfach mal gegenseitig die Wahrheit zu sagen. Respektvoll aber offen, ohne Umschweife.

Tatsächlich geht es im Alltag immer wieder um den Spagat zwischen ehrlicher Offenheit und höflicher Zurückhaltung. Natürlich kann ein offenes Wort als Verletzung ankommen. Aber verletze ich mich nicht selbst, wenn ich alles nur herunterschlucke und meinen Mund halte? Das gilt für den Arbeitsplatz genauso wie für die Familie oder den Verein. Achten Sie doch mal drauf! Und bitte achten Sie auch darauf, wenn jemand offensichtliche Unwahrheiten über andere Menschen verbreitet. Dann sind Sie gefragt und dürfen nicht den Mund halten.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ehrlich!

Andreas Finke

Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde

Ibbenbüren

Heiligabend nicht allein – Gesegnete Weihnachten!

>> weiterlesen

Der Heilige Abend ist sehr mit Erwartungen an Geborgenheit und Harmonie verbunden. Zwar gibt es einige Menschen, denen der Familienrummel auf die Nerven geht, aber sie befinden sich in absoluter Minderzahl. Wer alleine bleibt, fühlt sich eher einsam, erinnert sich an schönere Weihnachtsabende, trauert verstorbenen Menschen oder zerbrochenen Beziehungen hinterher.

Eigentlich passen solch trübe Gedanken durchaus zur Heiligen Nacht: Wie einsam mag sich Maria in ihrer Umgebung gefühlt haben? Kuhstall statt Kreißsaal. Wie einsam war sich Josef wohl vorgekommen? Kaum eine Situation lässt Männer hilfloser dastehen, als eine Geburt! Das alles scheint mir wenig heimelig.

Doch dann waren da die Hirten, die passten gut in den Stall, plötzlich verwandelt sich die Stimmung: Im Schrecken der unwirtlichen Umgebung leuchtet für einen Moment die Geborgenheit auf, die bis heute auf vielen Krippenbildern zu sehen ist. Für einen Augenblick wird aus Menschen, die nichts miteinander zu tun haben, eine Familie.

Später trennen sich ihre Wege wieder. Die Hirten müssen zurück zu ihren Schafen. Maria, Josef und das Kind setzen sich ins Ausland ab, denn in Bethlehem ist das Leben des Kindes gefährdet. Der Alltag hat sie wieder. Doch nicht dieser Alltag prägt unsere Erinnerung an Jesu Geburt, sondern das Idyll des Augenblicks im Stall.

Wer aus der Enge des bürgerlichen Idylls fliehen will, findet nur wenige Gaststätten, die geöffnet haben. Doch in vielen Gemeinden steht die Tür offen: Unter dem Motto „Heilig Abend nicht allein“ kann jeder Mensch, der zuhause allein ist, einen Hauch von Weihnachtsatmosphäre einfangen. In Ibbenbüren ist im Gemeindehaus blick.punkt gegenüber der Christuskirche alles für einen weihnachtlichen Abend vorbereitet. Ob Sie alleinerziehende Mutter oder verwitweter Senior sind, spielt keine Rolle: Sie sind willkommen.

Wo auch immer Sie die kommenden Tage verbringen, machen Sie sich nichts daraus, wenn die Tage nicht komplett Ihren Erwartungen entsprechen. Sie befinden sich in guter Gesellschaft mit Maria, Josef und dem Kind. Die Eltern hatten sich die Geburt wohl auch ganz anders vorgestellt. Doch unter der schützenden Hand Gottes hat sich alles zum Guten gewendet.

Gesegnete Feiertage Ihnen allen!
Andreas Finke, Pfarrer

 

Erschienen in: Ibbenbürener Volkszeitung, 23.12.2017.

Gott sei Dank, es ist Sonntag

>> weiterlesen

Die Seele erfrischen, mal auftanken!

Achtung: Dies geht raus an alle Hundebesitzer! Und an alle Autobesitzer.

Liebe Hundebesitzer, täglich führt Ihr eure Lieblinge raus. Sie brauchen Bewegung und sie müssen mal – na ja, ihr wisst schon. Und Ihr nehmt Euch Zeit, und das ist gut so, sonst würden

die Tiere verkümmern.

Wieviel Zeit nehmt Ihr Euch eigentlich für Eure Seele? Wann führt ihr Eure Seele mal raus, gönnt ihr eine Auffrischung? Auch Eure Seele muss ab und zu alte Last abdrücken und auf neue Ideen kommen; muss Zuspruch hören oder auch mal Ermahnung.

Wie, du hast keine Zeit? Achtung: Dies geht raus an alle Autobesitzer. Klar, ihr habt ein Auto, damit es schneller geht. Man könnte ja auch zu Fuß in die Stadt gehen, wäre sogar gesünder, aber das kostet Zeit und heute muss ja alles schnell gehen. Also: Schnell muss es gehen. Plötzlich kommt einer und sagt: He, du musst auftanken. Was sagst Du ihm? „Geht jetzt nicht, hab keine Zeit. Auftanken

fällt diese Woche aus.“ Hallo? Du weißt, was passiert, wenn Du nicht auftankst, nicht wahr?

Die Karre bleibt liegen. Und Du mit ihr.

Deiner Seele geht das nicht anders. Auszeit zum Auftanken. Und ab und zu auch mal ’ne Wäsche. Den Dreck, der sich im Lauf der Zeit angesammelt hat, abwaschen. Wieder mal sauber und glänzend da stehen.

Dazu lade ich Euch ein, liebe Autobesitzer und liebe Hundebesitzer. Gönnt der Seele mal ein wenig frischen Wind. Ladet mal Last ab. Tankt den Glauben mal wieder auf und spült den Schmutz des Alltags ab. Jeden Sonntag an einer unserer Tankstellen im Lande. Und samstags

auch beim katholischen Stationsnetz. Damit Eure Seele nicht verkümmert. Damit Euer Glauben nicht liegen bleibt.

PS: Sie haben keinen Hund und kein Auto? Sie sind trotzdem willkommen!

 

Andreas Finke, in: Ibbenbürener Volkszeitung vom 16.04.2016.